Burn-on: Dauerbrennen statt Ausbrennen
Interview mit 20 Minuten vom 6. August 2023
Du arbeitest nach dem Feierabend bis in die Nacht, bist am Wochenende auf Abruf bereit und beantwortest in den Ferien Mails? Zeit für Familie oder Hobbies bleibt dir dabei keine und trotz des Dauerstresses brennst du nicht aus, sondern immer weiter? Dieser ermüdende Zustand hat einen Namen: Burn On.
Anders als beim Burnout erleiden Menschen mit Burn On keinen akuten Zusammenbruch – die Krankheit wird als chronische Erschöpfungsdepression und Vorstufe des Burnouts verstanden. Während sich das Hamsterrad weiter dreht, rückt die Wichtigkeit von Me-Time und Freundschaften in weite Ferne.
Frau Witting, was ist ein Burn On?
Die Forschung befindet sich noch in den Anfängen. Burn On beschreibt ein Syndrom, bei dem man unter chronischer Überlastung und dauerhaftem Stress leidet, jedoch anders als beim Burnout nicht völlig ausbrennt. Stattdessen funktioniert man weiter, erfüllt Pflichten trotz anhaltender Überlastung und steht sozusagen immer kurz vor dem Burnout. Man brennt nicht aus, aber immer weiter.
Was ist der Unterschied zum Burnout?
Trotz Überforderung empfinden Burn-on-Betroffene weiterhin Freude an ihrer Arbeit, aber es fehlt die Balance zwischen An- und Entspannung. Alle Lebensbereiche werden dem Funktionieren-Müssen unterworfen. Abstriche im Privatleben werden oft spät bemerkt. So fallen häufig die Dinge weg, die Freude machen. Im Gegensatz dazu endet ein Burnout oft mit völliger Erschöpfung, sodass die Betroffenen den Alltag nicht mehr bewältigen können. Sie entwickeln oft eine Abneigung gegen ihre berufliche Tätigkeit und ihre Leistungsfähigkeit nimmt stark ab.
Was sind Anzeichen für ein Burn On?
Das Gefühl von Dauerstress. Gleichzeitig hat man Schwierigkeiten, die Belastung zu erkennen, da man noch funktionsfähig ist. Zudem steht die Arbeit an erster Stelle, während Freizeit und soziale Kontakte vernachlässigt werden.
Und körperliche Symptome?
Betroffene fühlen sich müde und erschöpft, kommen aber nicht zur Ruhe. Auch nach Feierabend oder in den Ferien bleiben sie gedanklich bei der Arbeit. Dies führt dazu, dass sie Schwierigkeiten haben, sich zu entspannen, was sich in Verspannungen im Nacken und Rücken äussert. Oft gehen diese Verspannungen mit Kopfschmerzen einher. Die Symptome reichen von Bluthochdruck über innere Unruhe bis hin zu Tinnitus und Schlafstörungen.
Wer leidet an Burn On?
Betroffene zeichnen sich oft durch ein starkes Verantwortungsbewusstsein und die Bereitschaft aus, sich übermässig zu verausgaben. Sie neigen dazu, ihre Aufgaben und Pflichten trotz anhaltender Überlastung weiter zu erfüllen. Auch Menschen, die einen hohen Anspruch an sich selbst stellen, sich stark über ihre Leistung definieren und ständig nach Erfolg und Anerkennung streben, können anfällig sein.
Was hilft?
Zuerst muss man sich des Problems bewusst werden. Es ist wichtig, sich Zeiten und Räume zu schaffen, die nicht nur rein funktional sind, sondern auch dazu beitragen, dass man sich wohlfühlt, Freude empfindet und sich entspannen kann. Darüber hinaus sollte auch der biografische Hintergrund beleuchtet werden – warum sind z.B. Gefühle von Unzulänglichkeit und Leistungsdruck vorhanden? Indem auch dieser Aspekt betrachtet wird, können mögliche Ursachen für den Zustand gefunden werden.
Wie kann ich einer betroffenen Person helfen?
Zeige Empathie und Verständnis, biete gemeinsame Aktivitäten und Ablenkung an, sei geduldig und unterstütze sie beim Einlegen von Pausen und dem Setzen von Grenzen. Ermutige sie bei Bedarf, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Der Link zum Artikel findet sich hier: Denkst du nur an den Job? Darum solltest du damit aufhören
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